31.8.2011, 10:35 Uhr

Köchel-Verzeichnis überarbeitet

Das Manuskript der langerwarteten Überarbeitung des Köchel-Verzeichnisses (KV) ist fertig. Der Wissenschafter Neal Zaslaw von der Universität Cornell im US-Bundesstaat New York hat seine grundlegende Revision des chronologisch-thematischen Verzeichnisses sämtlicher Tonwerke Wolfgang Amadeus Mozarts abgeschlossen und dabei die Ergebnisse der neueren Mozart-Forschung gesammelt, ausgewertet und eingearbeitet.

Das Manuskript der langerwarteten Überarbeitung des Köchel-Verzeichnisses (KV) ist fertig. Der Wissenschafter Neal Zaslaw von der Universität Cornell im US-Bundesstaat New York hat seine grundlegende Revision des chronologisch-thematischen Verzeichnisses sämtlicher Tonwerke Wolfgang Amadeus Mozarts abgeschlossen und dabei die Ergebnisse der neueren Mozart-Forschung gesammelt, ausgewertet und eingearbeitet. Das neue Köchel-Verzeichnis wird von dem Verlag Breitkopf und Härtel, dem Originalverlag, in Zusammenarbeit mit der Stiftung Mozarteum Salzburg veröffentlicht, allerdings nicht vor 2013. Eine Neuerung: Die Doppelnummerierung der Werke wird zugunsten der ursprünglichen Nummerierung von Köchel künftig entfallen.

Seit rund 15 Jahren hat der Amerikaner Neal Zaslaw an der neuen KV-Version gearbeitet - und dabei die oft für Verwirrung sorgende Doppelnummerierung beseitigt. "Es wird wieder einfach nummeriert", sagte Frank Reinisch, Sprecher des Verlages Breitkopf und Härtel in Wiesbaden, am Dienstag im APA-Gespräch. Wann das überarbeitete Verzeichnis erscheint, steht noch nicht genau fest. "Terminlich wird das nicht vor 2013 sein", erklärte Reinisch. Die Herausgabe in Buchform nehme noch eine geraume Zeit in Anspruch.

Mozart online

Seit der letzten Überarbeitung 1964 sind bereits fast 50 Jahre vergangen, hieß es in einer Aussendung der Stiftung Mozarteum Salzburg. Die Veröffentlichung des neuen Köchel-Verzeichnisses erfolge in völlig neuer Form, die Tradition und Gegenwart vereine. "Die Druckausgabe erscheint in deutscher Sprache, eine umfassende Online-Version wird in Englisch auf der Homepage der 'Digital Mozart Edition' ( http://dme.mozarteum.at ) in jeweils aktualisierter Form abrufbar sein", so die Stiftung Mozarteum.

Ludwig Alois Ferdinand Ritter von Köchel (1800-1877) schloss 1862 sein Maßstäbe setzendes Werkverzeichnis ab, das seitdem mehrere Neuauflagen erlebte. Obwohl das Verzeichnis im Jahr 2012 sein 150-Jahr-Jubiläum habe, bleibe "Der Köchel" für Mozarts Oeuvre unverzichtbar, erklärte die Stiftung Mozarteum. Köchels Leistung bestehe darin, dass er nicht nur über Entstehung und Umfang jedes Werks informiert, sondern auch die Standorte von Mozarts Original-Handschriften angibt, sofern diese damals verfügbar waren. Die ursprünglich in der Folge der vermuteten Entstehung festgelegten Werknummern werden mit "KV" oder "K." abgekürzt. So beendet Köchel sein Verzeichnis mit KV 626, dem Requiem, einem der letzten Werke Mozarts.

Lückenhaftes Standardwerk

Dem Köchel-Verzeichnis aus dem Jahr 1862 wurden Schwächen nachgesagt: Nur 350 Werke konnten sicher datiert werden, den Rest hat er schätzungsweise und oft nicht nachvollziehbar zugeordnet. Seine technischen Möglichkeiten, die Echtheit von Noten zu bewerten, waren aus heutiger Sicht unzulänglich und vor allem sind viele Werke erst nach und nach aufgetaucht.

1905 erschien eine zweite Auflage. Der Mozart-Kenner und Herausgeber Paul Graf von Waldersee begnügte sich mit kleineren Retuschen, fügte etwa zehn Werke hinzu und versah sie mit zusätzlichen Buchstaben. Der Musikwissenschafter Alfred Einstein, Cousin des großen Physikers, hat 1937 falsche Chronologien korrigiert, Werke gestrichen, neue hinzugefügt und umgeordnet. Fast die Hälfte der in Mozarts Salzburger Zeit entstandenen Werke erhielten eine andere als die ursprüngliche Nummerierung. Auflage vier und fünf waren Neudrucke der Überarbeitung Einsteins.

1964 entstand die bis heute gültige Version des Köchel-Verzeichnisses. Die Musikwissenschafter Franz Giegling, Gerd Sievers und Alexander Weinmann haben Erkenntnisse der Mozart-Forschung eingearbeitet und Fehler Einsteins ausgemerzt. Sie sind dabei aber auf zusätzliche Schwierigkeiten der Nummerierung gestoßen, haben neben den ergänzenden Kleinbuchstaben auch Großbuchstaben eingeführt und viele Werke umnummeriert. Dies war wissenschaftlich zwar korrekt, hat sich aber trotz der mehr als vier Jahrzehnte, seit diese Überarbeitung gültig ist, nur teilweise durchgesetzt.

Die Klaviersonate in A-Dur mit dem berühmten "Alla Turca" etwa hat offiziell die Nummer KV300i. In der Praxis der Musiker und vieler Veranstalter blieb das beliebte Werk ganz einfach die Klaviersonate KV331, was oft in Klammer vermerkt wurde. Diese Doppelnummerierung hat nicht nur bei Musikern und Publikum, sondern auch bei Bibliothekssystemen Verwirrung gestiftet und wird nun zugunsten der ursprünglichen Ordnung aufgegeben. (APA/red, Bild APA)