15.2.2022, 10:41 Uhr

Equal Pay Day - Lohntransparenz in Firmen war laut Studie erfolglos

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Seit 2011 müssen Unternehmen ab einer bestimmten Mitarbeiteranzahl Gehälter intern publik machen - eine Maßnahme zur Reduzierung des Gender Pay Gaps, die laut einer neuen Studie erfolglos war. "Es war überraschend, dass wir überhaupt nichts gefunden haben", sagte der österreichische Studienautor und Juniorprofessor an der Universität Mannheim Andreas Gulyas. Um einen Effekt zu erzielen, könne bei der Lohntransparenz nachgeschärft werden.

Der Equal Pay Day am 15. Februar zeigt, dass Österreichs Frauen 46 Tage im Jahr gratis arbeiten, der Gender Pay Gap liegt laut "Business & Professional Women Austria" derzeit bei 12,7 Prozent. Eine Maßnahme, um diesen zu bekämpfen, ist die Einkommenstransparenz: Seit 2014 müssen alle Unternehmen ab 150 Mitarbeitern Einkommensberichte erstellen, die das durchschnittliche Einkommen in verschiedenen Verwendungsgruppen und Verwendungsgruppenjahren darstellen, und diese intern veröffentlichen.

Dass diese Maßnahme nicht von Erfolg gekrönt war, stellten drei Forscher in einer Studie fest, die in Bälde im "American Economic Journal: Economic Policy" erscheinen soll. Sie verglichen Unternehmen mit mehr als 150 Mitarbeitern mit kleineren, die keine Einkommensberichte erstellen müssen.

Man habe auch beim "Zoomen" in die Ergebnisse keine Effekte entdeckt, erzählte Gulyas. Nicht nur gibt es laut Studie keine Wirkung auf den Gender Pay Gap und individuelle Gehälter. Beispielsweise fanden die Forscher auch bei Mitarbeitern, die länger bei einer Firma tätig waren und die offengelegten Gehälter so für eine Neuverhandlung ihres eigenen Einkommens nutzen hätten können, keine Veränderung.

Nachschärfen sinnvoll

Ein Nachschärfen bei der Gehaltstransparenz hält Gulyas für eine gute Idee: Der Staat müsse dafür kein Geld in die Hand nehmen, und auch den Firmen koste die Maßnahme nicht viel. Doch wie könnte man Lohntransparenz so gestalten, dass sie den Gender Pay Gap verringert? Der Ökonom schlug vor, dass Firmen Durchschnittsgehälter nicht nur intern veröffentlichen sollen. Denn Gehaltsunterschiede entstehen auch dadurch, dass Frauen eher bei schlechter zahlenden Firmen arbeiten - möglicherweise, weil sie über keine so guten Netzwerke verfügen. Ist öffentlich bekannt, wie viel eine Firma bezahlt, können Frauen besser vergleichen und die Informationen bei Gehaltsverhandlungen nutzen. Unternehmen könnten so außerdem durch eine kritische Öffentlichkeit gezwungen werden, die Gehältervergabe zu korrigieren.

Ein anderer Ansatz sei, Firmen zu zwingen, bei Gehaltsunterschieden zwischen Frauen und Männern zu reagieren. Denn sieht sie sich mit einem geringeren Gehalt konfrontiert, muss eine Arbeitnehmerin derzeit noch selbst aktiv werden und verhandeln. Frauen gehen - das zeige die Literatur - allerdings risikoaverser in Gehaltsverhandlungen. Damit Mitarbeiterinnen aktiv werden, müsse der Gehaltsunterschied derzeit groß und ungerechtfertigt genug sein, heißt es in der Studie.

Vielleicht seien die Gehaltsunterschiede innerhalb österreichischer Firmen auch nicht unwissentlich sehr groß, mutmaßte Gulyas, weswegen die Maßnahme keine Früchte getragen haben könnte. Die Forscher stellten fest, dass Mitarbeiter die Gehalts-Informationen interessant finden und weniger oft den Job wechseln, seit sie diese kennen. Vielleicht seien vorherige Annahmen über ungerechte Gehaltsverteilung dadurch beseitigt worden, so die Studie.

Lohntransparenz sei "nicht die Politikmaßnahme, die alle Probleme aus der Welt schaffen kann", stellte Gulyas zusammenfassend fest. Denn vor allem nach der Geburt eines Kindes haben Frauen mit Problemen in der Arbeitswelt zu kämpfen: "Frauen übernehmen mehr Pflichten als Männer", sagte der Forscher; während Männer weiter Vollzeit arbeiten, übernehmen Frauen flexiblere Teilzeitjobs. Eine gerechtere Aufteilung der Kinderbetreuung, den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen sowie finanzielle Anreize für Männer, in Karenz zu gehen, hält der Forscher für wirksamere Methoden hin zu einem geringeren Gender Pay Gap.

APA/red Foto: APA/APA/dpa/Axel Heimken