15.7.2020, 20:05 Uhr

Hyksos übernahmen von innen Macht im alten Ägypten

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Die Hyksos herrschten zwischen 1640 und 1530 v.Chr. in Ägypten. Sie kamen nicht als Invasoren an die Macht, sondern übernahmen diese von innen. Das bestätigen Analysen von Zähnen von Menschen, die in der Hyksos-Hauptstadt Tell el-Dab'a begraben wurden. Die im Fachblatt "Plos One" veröffentlichten Ergebnisse wurden im Zuge eines ERC-Projekts des österreichischen Archäologen Manfred Bietak erzielt.

Österreichische Archäologen erforschen seit den 1960er-Jahren im östlichen Nildelta die Überreste der geheimnisvollen Hyksos. 2015 erhielt Manfred Bietak vom Institut für Orientalische und Europäische Archäologie (OREA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) einen mit 2,5 Mio. Euro dotierten "Advanced Grant" des Europäischen Forschungsrats (ERC), um unter dem Titel "The Hyksos Enigma" das Rätsel um die Herkunft der Königsdynastie zu entschlüsseln.

Bietak hatte bereits 1966 die Hauptstadt der Hyksos auf einem Ruinenhügel bei der heutigen Stadt Tell el-Dab'a entdeckt, ab 2005 legte er mit seinem Team einen ausgedehnten Palastbezirk aus der Hyksos-Zeit frei. Bei den Ausgrabungen wurden bereits viele Daten über die Bevölkerung während der Hyksos-Herrschaft gewonnen, die neue Erkenntnisse über die Art der Siedlungen, über Palast-, Haus-, Grab- und Tempelarchitektur, über Opferrelikte und Grabbräuche lieferten. Zudem wurden zahlreiche Relikte der materiellen Kultur sowie Pflanzen- und tierisches Knochenmaterial gesammelt, das über Bräuche der Hyksos und ihrer Vorgänger Aufschluss gibt.

Analysen von Knochen von in Tell el-Dab'a bestatteten Menschen sowie architektonische Vergleichsuntersuchungen der Tempelanlagen gaben auch Auskunft über die lange rätselhafte geographische Herkunft der Hyksos. "Die Elite der Hyksos kam aus dem äußersten Norden Syriens", erklärte Bietak im Gespräch mit der APA. Nun gibt es weitere naturwissenschaftliche Erkenntnisse über die Hyksos - in Form der Untersuchung von Strontium-Isotopenverhältnissen in Zähnen von 75 Menschen, die in Tell el-Dab'a begraben wurden. Solche Analysen erlauben Rückschlüsse auf die Herkunft der Personen.

Proben von Zahnschmelz analysiert

Chris Stantis von der Universität Bournemouth, wo laut Bietak alle bioarchäologischen Untersuchungen des ERC-Projekts durchgeführt werden, analysierte dafür Proben von Zahnschmelz, die bereits in den 1960er Jahren genommen wurden. Ihr Vergleich der Isotopensignaturen aus Ägypten und anderen Ländern zeigte, dass ein großer Prozentsatz der Bevölkerung - sowohl vor als auch während der Hyksos-Dynastie - keine Einheimischen waren, sondern aus zahlreichen anderen Orte eingewandert war.

Dieses Ergebnis passe nicht zu der lange verbreiteten Geschichte einer plötzlichen Invasion aus einem einzigen weit entfernten Land, betonen die Forscher. Vielmehr dürfte es sich um eine multikulturelle Region gehandelt haben, in der eine interne Gruppe - die Hyksos - schließlich an die Macht kam, nachdem sie bereits über Generationen dort gelebt hatte.

Bietak würde sich wünschen, derartige Untersuchungen "auf weit größerer Basis gemeinsam mit den ägyptischen Kollegen fortzusetzen". Stantis hat mittlerweile eine Stelle am Smithsonian in Washington D.C. bekommen - für Bietak ein weiterer Beleg dafür, dass sich das ERC-Projekt als "Kaderschmiede für junge Nachwuchswissenschafter erweist".

Service: Die Arbeit in "Plos One": https://doi.org/10.1371/journal.pone.0235414; Das ERC-Projekt: https://www.orea.oeaw.ac.at/forschung/the-hyksos-enigma/

APA/red Foto: APA/ERC Hyksos Enigma