Als eine Gruppe um Astronomen von der Uni Wien das Alter von Sternenhaufen mit zwei verschiedenen Methoden analysierte, stieß sie auf eine nicht unerhebliche Abweichung von im Schnitt 5,5 Millionen Jahren. Im Fachjournal "Nature Astronomy" präsentieren sie nun eine salomonische Lösung dafür: Die beiden Analysemethoden messen einfach etwas Unterschiedliches. Während die eine zeigt, wann ein Stern geboren wurde, zeigt die andere, wann er die Krabbelstube verlassen hat.
Das Team um Núria Miret-Roig von der Universität Wien konzentrierte sich bei seiner Untersuchung auf sechs, in astronomischen Maßstäben gesehen relativ nahe und junge Sternenhaufen: Diese liegen höchstens 490 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt und sind höchstens 50 Millionen Jahre alt. Die Wissenschafter wollten deren Alter nun anhand von neuen Daten genauer bestimmen und vergleichen.
Daten von "Gaia"
Dazu nutzte man Informationen, die im Rahmen der seit über zehn Jahren laufenden "Gaia"-Mission gesammelt wurden. Der europäische Astronomiesatellit Gaia vermisst die Positionen aller für die Sonde sichtbaren Himmelsobjekte. Überdies stützte die Forschungsgruppe ihre Analysen auf Beobachtungen vom Boden aus: "Diese Kombination erlaubt es uns, die Positionen der Sterne mit der Genauigkeit der 3D-Geschwindigkeiten bis zu ihrem Geburtsort zurückzuverfolgen," so Miret-Roig am Donnerstag in einer Aussendung der Uni Wien.
Zur Altersbestimmung von Sternen stehen der Forschung mehrere Methoden zur Verfügung. Zwei davon - "isochrone Messung" und die "dynamische Rückverfolgung" - wandte das Team an. Bei ersterer wird aufgrund des abgestrahlten Lichts und ihrer Masse auf das Alter von Sternen in Clustern geschlossen. Zweitere stützt sich auf die Analyse der Bewegungen der Himmelskörper in dem Sternenhaufen zueinander.
Dabei stießen die Forscherinnen und Forscher auf überraschend beständige Unterschiede in den Ergebnissen. Bei den Berechnungen mit der Methode der dynamischen Rückverfolgung erschienen die Sterne im Durchschnitt um rund 5,5 Millionen Jahre jünger als bei der isochronen Messung. Im Fall von "Beta Pictoris", einem rund 63 Lichtjahre entfernten Stern, ergab die Rückverfolgung ein Alter von ungefähr 18,5 Mio. Jahre. Das isochrone Alter lag aber deutlich höher.
Isochrone Uhr misst seit "Geburtsdatum"
"Dies deutet darauf hin, dass die beiden Messmethoden unterschiedliche Dinge messen", so Miret-Roig. Weitere Untersuchungen bestätigten diese Vermutung: Die isochrone Uhr beginnt demnach ab dem Moment der Entstehung eines Sternes zu ticken - also ab jenem Zeitpunkt, an dem das Gebilde in der Mutter-Materiewolke, aus dem sich die Mitglieder einer Sternengruppe über die Zeit hinweg herausbilden, den Großteil des Gases aufgenommen hat, aus dem es besteht. Gewissermaßen hat man es hier mit dem Geburtsdatum zu tun.
Die dynamische Rückverfolgung macht hingegen offenbar sichtbar, wann ein Stern die Krabbelstube in der Mutterwolke verlassen hat, und seiner eigenen Wege geht, so die Wissenschafter. Das freut selbige, weil sich so eine neue Tür eröffne, um den Zeitraum einzuschätzen, in dem sich die Sterne in der sogenannten "eingebetteten Phase" befinden. Man habe also jetzt ein Werkzeug an der Hand, "um die frühesten Stadien im Leben eines Sterns zu quantifizieren", so João Alves vom Institut für Astronomie der Uni Wien: "Konkret können wir damit messen, wie lange die Baby-Sterne brauchen, bevor sie ihr Nest verlassen."
APA/red Foto: APA/NASA/ESA/CSA/STScI/Klaus Pontoppidan (STScl)
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