5.9.2024, 12:46 Uhr

Rekordverdächtige 24 Austro-Forscher erhalten ERC-"Starting Grants"

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Erstmals können sich im Rahmen von nur einer Ausschreibungsrunde 24 in Österreich tätige Wissenschafterinnen und Wissenschafter über einen hochdotierten "Starting Grant" des Europäischen Forschungsrats (ERC) freuen. Der bisherige Höchstwert lag bei 19 derartigen, mit jeweils bis zu 1,5 Mio. Euro dotierten Förderpreisen in der Antragsrunde im Herbst 2023. Dieser "Erfolgsweg muss in den nächsten Jahren fortgesetzt werden", so Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP).

Sehe man sich die Zuerkennungsstatistiken der vergangenen Runden an, habe Österreich zum dritten Mal in Folge einen "Rekord" eingefahren. Die Förderpreise - neben den "Starting Grants" gibt es u.a. "Consolidator Grants" für die mittlere und "Advanced Grants" für spätere Karrierephasen - gelten als bedeutende Auszeichnungen im Bereich der Grundlagenforschung. Der Wettkampf darum ist hoch selektiv: Insgesamt gab es in der aktuellen Runde knapp 3.500 Einreichungen, die Erfolgsquote lag bei knapp 14 Prozent - die der hierzulande verankerten Wissenschafter bei rund 20 Prozent.

Insgesamt bekommen in diesem Herbst 494 Wissenschafter in einer frühen Karrierephase einen "Starting Grant" für fünfjährige Grundlagenforschungsprojekte, gab der ERC am Donnerstag bekannt. In Summe schüttet die EU-Fördereinrichtung in dieser Runde knapp 780 Millionen Euro aus. Die meisten "Starting Grants" gehen diesmal an Forscher in Deutschland (98), in den Niederlanden (51) sowie in Großbritannien (50) und Frankreich (49). Vor Österreich landen dieses Mal außerdem noch Italien, Spanien und Israel. Knapp dahinter finden sich in Belgien und Schweden tätige Wissenschafterinnen und Wissenschafter (je 22).

Markanter Knick nach oben durch Ausbau der Investitionen

Polaschek und die Geschäftsführerin der als ERC-Kontaktpunkt fungierenden Forschungsförderungsgesellschaft (FFG), Henrietta Egerth, interpretierten vor Journalisten den markanten Knick nach oben als Folge des ebenso markanten Ausbaus der Investitionen in den Forschungs- und Entwicklungssektor (F&E) in Österreich in den vergangenen Jahrzehnten. "Es ist schön, dass 46 Prozent aller (seit 2007 vergebenen, Anm.) ERC-Grants in den letzten fünf Jahren eingeworben wurden", so Polaschek. Rechne man die Anzahl der Förderpreise pro Million Einwohner um, lande Österreich mittlerweile hinter den Niederlanden und Dänemark auf Rang drei.

Dass es so weitergeht, sei aber alles andere als ausgemacht: "Es braucht die Rahmenbedingungen, um die positive Entwicklung fortsetzen zu können. Wir werden weiter investieren müssen" - denn das täten andere Länder auch, sagte Polaschek auch im Hinblick auf die Zeit nach der Nationalratswahl am 29. September. Das mittlerweile entstandene F&E-"Ökosystem" hierzulande trage Früchte, betonte Egerth.

Die verteilen sich aktuell recht malerisch über die heimischen Institutionen: Je drei neue "Starting Grantees" gibt es an der Universität Wien, am Institute of Science and Technology Austria (ISTA) in Klosterneuburg (NÖ) sowie an den Technischen Universitäten (TU) in Graz und Wien. Jeweils zwei Förderpreise gehen an Forscherinnen und Forscher an der Universität Graz, der Medizinischen Uni Wien, am Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien und an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) - einer dieser Grants an das ÖAW-Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) und das ebenfalls zur Akademie zählende Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI). Je eine Auszeichnung erhalten Wissenschafter an den Unis Klagenfurt und Salzburg, an der Universität für Weiterbildung Krems (NÖ) und an der Montanuniversität Leoben.

Seitens der FFG bietet man von den Antragstellern gerne angenommene Trainings für den mehrstufigen Auswahlprozess des ERC an. Dazu gehören Übungsinterviews, Informationen darüber, wie ein erfolgreicher Antrag aussehen kann, und Rückmeldung dazu, wie man sein Projekt verständlich vor der Jury darlegt, erklärte Egerth. Teil einer solchen ist mittlerweile auch Nuno Maulide, Professor für Organische Synthese an der Uni Wien, "Wissenschafter des Jahres 2018" und selbst fünffacher ERC-Preisträger. "Der ERC hat eine zentrale Rolle in meiner Karriere gespielt und tut es immer noch", so der Forscher, der erst heuer einen "Advanced Grant" einwerben konnte.

"Sichtbarkeit für den Forschungsstandort"

Die Förderungen eröffnen nicht nur die Option, wirklich risikoreiche Forschung zu machen, eine eigene Gruppe aufzubauen und junge Leute in solchen Projekten auszubilden, sie "bringen auch Sichtbarkeit für den Forschungsstandort". Den sieht Maulide nun an einem "entscheidenden Punkt". Man müsse sich jetzt genau überlegen, wie man den mühsam erworbenen Status erhalten und ausbauen kann. "Dann kann Österreich zum Vorbild werden", zeigte sich Maulide überzeugt, der auch bereits zwei "Proof of Concept"-Grant erhalten hat.

Mit dieser Förderschiene soll die Überführung von Forschungsergebnissen in Richtung Markt befördert werden. Gerade hier sei Österreich leider "unterdurchschnittlich gut", so Egerth. In der nächsten Legislaturperiode sollte deshalb nach ihrem Geschmack ein nationales Programm aufgesetzt werden, das die Weiterförderung von in dieser ERC-Schiene knapp gescheiterten, aber sehr gut bewerteten Anträgen übernimmt. Dem kann auch Maulide etwas abgewinnen, denn sonst sei davon auszugehen, dass in der hochkompetitiven Welt der Wissenschaft und Technologieentwicklung jemand anders eine ähnliche Idee weiterverfolgt, und man den aufgebauten Vorsprung einbüßt.

Liste der Preisträger an österreichischen Forschungsinstitutionen (laut ERC-Angaben):

Isabella Anderson-Wagner

Universität Wien

Lisa Bugnet

Institute of Science and Technology Austria

David Clases

Universität Graz

Marco De Paoli

Technische Universität Wien

Maria Eichlseder

Technische Universität Graz

Pere Gelabert Xirinachs

Universität Wien

Florian Glöcklhofer

Technische Universität Wien

Anton Goloborodko

ÖAW/Institut für Molekulare Biotechnologie

Adam Gosztolai

Medizinische Universität Wien

Christian Haddad

Universität Klagenfurt

Esther Carina Heid

Technische Universität Wien

Gerard Higgins

ÖAW/Institut für Quantenoptik und Quanteninformation

Roman Hoffmann

Internationales Institut für Angewandte Systemanalyse

Fariba Karimi

Technische Universität Graz

Lucy Kinsky

Universität Salzburg

Georg Krainer

Universität Graz

Jana Lasser

Technische Universität Graz

Conrad Merkle

Medizinische Universität Wien

Alicia Michael

Institute of Science and Technology Austria

Marco Mondelli

Institute of Science and Technology Austria

Lea Müller-Funk

Universität für Weiterbildung Krems

Ugur Öztürk

Universität Wien

Barbara Putz

Montanuniversität Leoben

Mahdi Saeedipour

Universität Linz

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APA/red Foto: APA/GEORG HOCHMUTH