11.7.2018, 19:05 Uhr

Studie: Keine Muster in Erfolgsläufen von Künstlern und Forschern

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Wann im Laufe seiner Karriere ein Künstler, Regisseur oder Forscher einen Erfolgslauf hat, lässt sich einer Studie im Fachblatt "Nature" zufolge kaum eingrenzen. Das Forschungsteam fand zwar in den meisten der untersuchten Biografien Anzeichen für solche Episoden, sie traten aber eher zufällig auf, blieben zeitlich begrenzt und waren nicht durch höhere Produktivität gekennzeichnet.

"Wer hat, dem wird gegeben", in diesem Sprichwort lässt sich das aus der Soziologie kommende Konzept des "Matthäus Effekts" zusammenfassen. Umgelegt auf die Kunst erhöht sich dem zufolge nach einem "Hit" die Reputation seines Produzenten und in der Folge die Wahrscheinlichkeit einen weiteren Erfolg zu landen. Auch in der Welt der Wissenschaft bringt demnach die Strahlkraft früherer Erfolge größere Chancen mit sich, dass spätere Erkenntnisse eines Forschers gewürdigt werden.

Dem folgend müsste es so etwas wie Erfolgsläufe geben, deren Auftreten typischerweise eher in der Mitte der Karriere häufiger sein müssten, schreiben die Wissenschafter um Dashun Wang von der Northwestern University (USA) in ihrer Arbeit. Eine konträre Ansicht geht davon aus, dass herausragende Werke zufällig im Laufe einer Karriere entstehen und ihr Auftreten vor allem in Zeiten großer Produktivität wahrscheinlicher wird ("Random-Impact-Regel"). Ein großer Hit hätte demnach weniger Einfluss auf späteren Karriereverlauf.

Das Forscherteam, dem auch die italienische Komplexitätsforscherin Roberta Sinatra angehörte, die u.a. am Complexity Science Hub (CSH) Vienna arbeitet, ging diesen beiden Thesen anhand von Daten über 3.480 Künstler, 6.233 Filmregisseure und 20.040 Wissenschafter nach. Anders als in den Bereichen "Sport", "Glücksspiel" oder "Finanzmärkte" werde das Phänomen der Erfolgsläufe hier nämlich selten diskutiert, so die Wissenschafter. Sie analysierten erzielte Preise für Kunstwerke auf Auktionen, Bewertungen auf der Filminformationsplattform IMDB (www.imdb.com) und Zitierungen wissenschaftlicher Publikationen zehn Jahre nach deren Veröffentlichung.

Erfolgslauf tritt meist nur einmal auf

Beim Blick auf die drei einflussreichsten Arbeiten im Gesamtwerk der untersuchten Personen wurde klar, dass diese nach keinem fixen Schema in der Biografie der Künstler, Regisseure oder Wissenschafter auftreten, was eher im Einklang mit der Random-Impact-Regel stünde. Eine Art Erfolgslauf fanden die Forscher immerhin bei 91 Prozent der Künstler, 82 Prozent der Filmemacher und 90 Prozent der Wissenschafter. Obwohl das Phänomen also weit verbreitet erscheint, tritt es innerhalb einer Karriere meist nur ein Mal auf, heißt es in der Arbeit.

Je nach Betätigungsfeld dauern diese Episoden unterschiedlich lange: Der Analyse zufolge erstrecken sie sich bei Künstlern im Schnitt über 5,7 Jahre, während sie bei Regisseuren im Mittel 5,2 Jahre und bei Wissenschaftern nur 3,7 Jahre anhalten. Obwohl die Werke und Arbeiten in diesen Phasen durchschnittlich besser bewertet werden als in anderen Karriere-Phasen, erhöhte sich - entgegen der Random-Impact-Annahme - die Produktivität der Personen in dem Zeitraum überraschenderweise nicht. Dementsprechend deute vieles auf Veränderungen in der individuellen Kreativität während eines Erfolgslaufes hin, schreiben die Wissenschaft, die gleichzeitig einschränken, dass sich aufgrund ihrer Studie kaum etwas über die Ursprünge des Phänomens sagen lasse.

Service: https://doi.org/10.1038/s41586-018-0315-8

APA/red Foto: APA