Das aktuelle Jahr wird dem EU-Klimawandeldienst Copernicus zufolge so gut wie sicher das erste Jahr seit Aufzeichnungsbeginn werden, in dem es im Durchschnitt mehr als 1,5 Grad wärmer als im vorindustriellen Mittel war. Damit werde es auch das wärmste Jahr seit dem Start der Messungen. Das Pariser 1,5-Grad-Ziel zur Eindämmung der Klimakrise gilt damit aber noch nicht als verfehlt, da dafür auf längerfristige Durchschnittswerte geschaut wird.
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Neu: Gewessler: "Dramatik, die zum Handeln auffordert" (letzter Absatz)
Copernicus prognostiziert für das laufende Jahr, dass die durchschnittliche Temperatur weltweit sogar mindestens 1,55 Grad über dem weltweiten vorindustriellen Mittel liegen könnte. 2023 waren es 1,48 Grad. Schon damals sprach UNO-Generalsekretär António Guterres von einem "Klimazusammenbruch".
"Dies stellt einen neuen Meilenstein in der globalen Temperaturaufzeichnung dar und sollte als Beschleuniger dienen, um die Ziele für die bevorstehende Klimakonferenz COP29 zu erhöhen", sagte die Vizedirektorin des EU-Klimawandeldienstes, Samantha Burgess, zu den aktuellen Daten. Der deutsche Klimawissenschaftler Mojib Latif ist skeptisch, was die Schlagkraft des Treffens angeht: "Die COPs sind offensichtlich nicht zielführend, und in Baku wird es auch keinen Durchbruch geben", sagte er. "Auch wenn man versuchen wird, die Abschlusserklärung als solchen zu verkaufen, wie so oft in den letzten Jahren."
1,5-Grad-Ziel hat hohen Symbolwert
Auf der Weltklimakonferenz 2015 in Paris hatten die Staaten weltweit vereinbart, die Erderwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen, möglichst aber auf 1,5 Grad. "Das 1,5-Grad-Ziel hat einen hohen Symbolwert", erklärte der Klimawissenschaftler Steve Smith von der Universität Oxford. Eine klare Definition für diese politisch festgelegten Schwellen gibt es Experten zufolge allerdings bisher nicht.
Politiker sähen es zumeist so, dass die 1,5-Grad-Schwelle erst als gerissen zu betrachten sei, wenn die mittlere Jahrestemperatur zwei Jahrzehnte lang dauerhaft über diesem Wert lag, sagte Latif. Eine solche Betrachtung sei jedoch unsinnig: Der Treibhausgas-Ausstoß sei auch im vergangenen Jahr wieder historisch hoch gewesen, alle Klimaparameter wiesen in die falsche Richtung. Es sei absolut klar, dass die Erderwärmung weiter zunehmen werde - für eine Bestätigung müsse man keine 20 Jahre warten.
Wann die 1,5-Grad-Schwelle als erreicht gilt, sei längst nicht mehr die Kernfrage, betonte auch Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). "Wann sind wir bei den Emissionen auf netto Null, das muss das Ziel sein, darum muss es Wettbewerb geben." Ohne gestoppten Ausstoß werde es immer weiter einen Temperaturanstieg geben, sagte der Klimaforscher der dpa. Eine Folge seien mehr und stärkere Starkniederschläge, wie sie gerade erst die Region um Valencia in Spanien trafen. "Es werden weiter Menschen sterben, umso mehr, je stärker wir die Temperaturen nach oben treiben."
2024 wird das erste Jahr sein "in dem es durchgängig 1,5 Grad wärmer ist als in vorindustriellen Zeiten. Das ist ein Warnsignal, das ist Dramatik, die zum Handeln auffordert", sagte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Donnerstag am Rande einer Pressekonferenz in Wien. Es sei daher "bezeichnend und auch kurzsichtig", wenn in der Debatte zu Einsparungsmöglichkeiten als erstes der Klimaschutz kommt, antwortete sie auf Nachfrage zum Fiskalrat, der am Dienstag"langfristig wirkende wirtschaftspolitische Maßnahmen" wie u.a. die "Überkompensation der CO2-Steuer durch den Klimabonus" für die hohen Defizite gegenüber den Jahren vor der Corona-Pandemie verantwortlich gemacht hatte. Der Klimabonus sei europaweit ein Vorzeigemodell. "Ganz viele Länder erkundigen sich, wie wir das umgesetzt haben", betonte Gewessler.
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