Wer Carsharing nutzt, will die Umwelt schützen und sich in eine Gemeinschaft einfügen - so dachten Forscherinnen und Forscher der Wirtschaftsuniversität Wien, bevor sie ihr Projekt zur "Sharing Economy" starteten. Wichtiger für die meisten Nutzerinnen und Nutzer sei die Kostenfrage, weiß Projektleiterin Eva Hofmann, die heute an der Donau-Universität Krems und der Universität Graz forscht. Projekten, die geteilte Nutzung von Ressourcen ermöglichen, rät sie zu sanften Regeln.
"Der Umweltschutz ist nicht unwesentlich, steht aber auch nicht an erster Stelle", sagte die Wirtschaftspsychologin im Gespräch mit der APA. Zuerst komme für die meisten die Überlegung, Geld zu sparen, erst dann folgen Umweltschutz und das Interesse an der Gesellschaft anderer, lautete die Erkenntnis nach Gesprächen mit Fokusgruppen. Nutzen Menschen ein Sharing-Angebot, anstatt sich ein Produkt zu kaufen, verhalten sie sich jedenfalls umweltfreundlich, weil Ressourcen gespart werden - da sei es weniger wichtig, welche Motivation sie antreibt, meinte Hofmann. Auch die Sharing Economy sei aber nicht inhärent umweltfreundlich - man denke an die Unterkunfts-Plattform "Airbnb", die wegen der Verstärkung von Wohnungsnot in die Kritik geriet.
"Sanfte Regulation" für gelungene Kooperation
Ihren Blick richteten die Forscher auch auf die Regeln für den Gebrauch von geteilten Produkten. Geht es darum, Teilnehmer zur gelungenen Kooperation zu bewegen, sollte "sanfte Regulation das Mittel der Wahl sein", stellte Hofmann fest. Eine Carsharing-Plattform könne sanfte Regulation durch den Aufbau einer Gemeinschaft unter den Nutzern und von Rollenvorbildern sowie dem Bereitstellen von Informationen - etwa darüber, in welchem Zustand ein Auto zurückgegeben werden soll - verwirklichen. Harte Regulation arbeitet hingegen mit Belohnung und Bestrafung.
Während eines Experiments hätte sich etwa gezeigt, dass Probanden mehr zu einem Gemeinschafts-Auto beitragen würden, wenn auf harte Regulation verzichtet wird. Hofmann empfiehlt, Vertrauen und Kommunikation zwischen den Konsumenten auszubauen. Liefere man ein Auto verspätet ab, weil man in einen Stau geraten ist, könne etwa ein Anruf die Situation entschärfen.
Werden Nutzer, die ein Fahrzeug verdreckt abstellen, schlecht bewertet oder für einige Zeit gesperrt, sei das hingegen langfristig keine optimale Lösung. Dass sich Anbieter - zumindest laut Informationen auf ihren Websites - oft harter Regulation bedienen, führte Hofmann unter anderem darauf zurück, dass diese einfacher zu kommunizieren sei. "Die wenigsten Nutzerinnen und Nutzer wollen das System massiv ausbeuten", plädierte die Forscherin für den sanften Weg.
Service: Publikationen der Forschungsgruppe: https://doi.org/10.1080/15568318.2021.1912224, https://doi.org/10.3389/fpsyg.2021.689722; Weitere Informationen: www.wu.ac.at/collaborative-consumption/
APA/red Foto: APA/APA/GEORG HOCHMUTH