Wie der Mensch den Boden nutzt, ist von zentraler Bedeutung für die Erhaltung der biologischen Vielfalt, Eindämmung des Klimawandels, Ernährungssicherheit und Armutsbekämpfung. Ein internationales Forscherteam mit österreichischer Beteiligung hat nun im Fachblatt "PNAS" zehn Fakten zur Landnutzung als Grundlage für politische Maßnahmen zusammengestellt. Ihr Aufruf zum Handeln: Man müsse über nachhaltige Landnutzung hinausgehen, in Richtung "Nachhaltigkeit durch Landnutzung".
"Der Boden steht im Mittelpunkt der Wechselbeziehungen zwischen Natur und Gesellschaft. Er wird von Umweltveränderungen beeinflusst und treibt diese voran - kann also Teil nachhaltiger Lösungen sein. Aber dieses Potenzial ist sehr begrenzt durch die vielen Funktionen, die Landökosysteme erfüllen", erklärte Karl-Heinz Erb vom Institut für soziale Ökologie der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien. Er hat gemeinsam mit seinem Institutskollegen Helmut Haberl und 48 weiteren Forschern aus 20 Ländern das vorhandene Wissen zu empirisch gut belegten Fakten zusammengefasst.
Menschheit vor schwieriger Aufgabe
Nachhaltigkeit durch Landsysteme zu erreichen, sei eine schwierige Aufgabe, schreiben die Forscher in der Arbeit. Es müsse berücksichtigt werden, dass "die Menschheit auf einem beanspruchten Planeten lebt, auf dem das gesamte Land für die Gesellschaft von Nutzen ist". Mehr als drei Viertel des eisfreien Landes der Erde werde direkt von Menschen bewohnt, genutzt oder verwaltet. Doch die Bedeutung von Land sei sozial konstruiert und umstritten, verschiedene Gruppen würden Land unterschiedliche Werte beimessen, etwa ob es nützlich, unbrauchbar oder kulturell wichtig ist. Landnutzer hätten zudem vielfältige, manchmal widersprüchliche Vorstellungen davon, was soziale und ökologische Gerechtigkeit bedeute.
Die Herausforderung sei, dass Landsysteme komplexes Verhalten zeigen, mit abrupten, schwer vorhersehbaren Veränderungen. Wird die Nutzung etwa durch die Abholzung alter Wälder geändert, führe dies zu sehr lange spürbaren Veränderungen. Bei der Wiederherstellung werde aber selten wieder ein ursprünglicher Zustand erreicht. Zudem könne Landnutzung mit scheinbar kleinem Fußabdruck große Auswirkungen haben, wie das Beispiel von Städten zeigt. Diese verbrauchen große Mengen an Ressourcen, die oft an anderer Stelle auf großen Flächen produziert werden. Die treibenden Kräfte und Auswirkungen der Landnutzung seien eben global miteinander verbunden und würden sich auch auf weit entfernte Orte auswirken.
Die Forscher verweisen weiters darauf, dass Änderungen der Landnutzung üblicherweise Kompromisse mit sich bringen, "Win-Win-Situationen" aber selten seien. Ein Problem sei auch die ungleiche Verteilung von Vorteilen und Lasten der Landnutzung, da in den meisten Ländern eine kleine Anzahl von Menschen einen unverhältnismäßig großen Teil der Landfläche besitzen.
Den Forschern ist bewusst, dass ihre Fakten keine einfachen Antworten liefern, hoffen aber, dass sie als Orientierung bei der Bewältigung der Herausforderungen für eine nachhaltige Landnutzung dienen können und eine Grundlage für die aus ihrer Sicht dringend benötigten Gespräche über Landnutzung und Nachhaltigkeit bei der Entwicklung einer globalen Politik bilden können. Für Hauptautor Patrick Meyfroidt von der Université Catholique de Louvain (Belgien) ist es "an der Zeit, über das Streben nach einer 'nachhaltigen Landnutzung' hinauszugehen und stattdessen darüber nachzudenken, wie man 'Nachhaltigkeit durch Landnutzung' erreichen kann".
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