Mehr als die Hälfte der Studienanfängerinnen und -anfänger aus Österreich hat Eltern, die keine Hochschule besucht haben. Der Anteil dieser "First Generation"-Studierenden war laut der neuen Studierenden-Sozialerhebung 2023 im Wintersemester 2022/23 an Fachhochschulen (FH) höher (65 Prozent) als an öffentlichen Universitäten (52 Prozent). Bei berufsbegleitenden FH-Studiengängen sind es sogar 71 Prozent. Für Kritik sorgt, dass die Erwerbstätigkeit der Studenten gestiegen ist.
Studierende arbeiten im Schnitt eine halbe Stunde mehr pro Woche als noch 2019, als die vorherige Erhebung durchgeführt wurde - nämlich 21 Stunden. Dabei wirkt sich laut dem Bericht bereits Erwerbstätigkeit ab neun Wochenstunden merklich negativ auf den Studienaufwand aus. 2015 waren noch 61 Prozent, heute sind 69 Prozent der Studierenden erwerbstätig. Um sieben Prozentpunkte ist das Erwerbsausmaß bei Lehramtsstudierenden gestiegen, die aufgrund des höheren Bedarfs nun früher in den Beruf einsteigen. Der Zeitaufwand für das Studium ist trotzdem gleichgeblieben und liegt bei durchschnittlich 30,9 Stunden pro Woche. Für Studium und Arbeit benötigen die Studierenden wöchentlich 48,3 Stunden (2019: 43,3).
Freier und offener Zugang zur Uni werde "immer weniger zur Realität"
72 Prozent geben an, dass die Arbeit für die Bestreitung der Lebenshaltungskosten unbedingt notwendig ist (2019: 69 Prozent), 55 Prozent wollen Berufserfahrung sammeln (2019: 51 Prozent). Mehr als die Hälfte der erwerbstätigen Studenten - 55 Prozent - haben eine Arbeit, die in inhaltlichem Zusammenhang zum Studium steht.
Kritisch sieht die Österreichische Hochschüler_innenschaft (ÖH) die Ergebnisse. Ein freier und offener Zugang zur Uni werde "immer weniger zur Realität", so Sarah Rossmann (Grüne und Alternative StudentInnen/GRAS) aus dem ÖH-Vorsitzteam. Es brauche laut der ÖH-Bundesvertretung und dem Verband Sozialistischer Student_innen (VSStÖ) eine Anhebung der Studienbeihilfe und die Wiedereinführung der staatlichen Studierendenheimförderung. Auch die Arbeiterkammer (AK) will eine Erhöhung und Ausweitung der Studienbeihilfen, Maßnahmen zur Absenkung der Lebenshaltungs- und Wohnkosten sowie Nachbesserungen bei der Vereinbarkeit von Studium und Beruf.
56 Prozent der Studierenden sind Frauen
Insgesamt zählt die Erhebung rund 304.500 Studierende, die Zahl bleibt damit relativ konstant. Die Studenten sind im Schnitt 27,1 Jahre alt, ihr Studium beginnen sie mit 21,6 Jahren. 56 Prozent sind Frauen. Besonders in den Bildungswissenschaften (85 Prozent), in Gesundheit und Sozialwesen (80 Prozent) sowie Pharmazie (76 Prozent) sind sie in der Überzahl, in der Unterzahl sind sie hingegen im Ingenieurwesen (32 Prozent) und in der Informatik (22 Prozent). Insgesamt nehmen rund 40 Prozent der österreichischen Bevölkerung im Laufe ihres Lebens ein Studium auf.
Knapp 90 Prozent der Studenten besuchen nach einer traditionellen Matura eine Hochschule, zehn Prozent über den zweiten Bildungsweg. 23 Prozent kommen verzögert - also mindestens zwei Jahre nach dem Schulabschluss - an eine Hochschule. Mit 25 Prozent sind etwas mehr Studierende als 2019 (23 Prozent) im Ausland in die Schule gegangen. Bei jenen mit österreichischer Schulbildung hat jeder und jede Zehnte Migrationshintergrund.
21 Prozent leiden unter studienerschwerenden Beeinträchtigungen
Drei Viertel bewerten ihren Gesundheitszustand als sehr gut oder gut, die Einschätzung deckt sich in etwa mit der Gesamtbevölkerung. 21 Prozent berichten, unter studienerschwerenden Beeinträchtigungen zu leiden. 2019, vor der Coronapandemie, waren es mit 12 Prozent noch deutlich weniger.
Die Erhebung basiert auf einer Online-Befragung von Studierenden aller Hochschulen von Mai bis Juni 2023. Sie wurde vom Institut für Höhere Studien (IHS) für das Bildungsministerium erstellt und soll künftig als Basis für Entscheidungen nicht nur im Hochschulbereich dienen.
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