Eine neue klinische Studie könnte für viele Menschen mit chronischer Herzschwäche bessere Behandlungsmöglichkeiten bedeuten. Ein internationales Wissenschafterteam unter Beteiligung von Experten der MedUni Graz hat belegt, dass das bereits seit einiger Zeit bei manchen Herzinsuffizienz-Patienten verwendete Medikament Finerenon auch bei der häufigsten Form der Erkrankung im Alter wirkt.
In Österreich sind derzeit rund 160.000 Menschen von chronischer Herzschwäche betroffen. Leistungsverlust, Kurzatmigkeit und Flüssigkeitsrückstau können zu lebensgefährlichen Komplikationen führen. Bei einer solchen Pumpinsuffizienz der linken Herzkammer wird unterschieden, ob weiterhin entsprechend viel Blut ausgeworfen wird (sogenannte erhaltene Ejektionsfraktion), ob diese Funktion mäßig oder stärker reduziert ist. Die häufigste Form der chronischen Herzinsuffizienz ist jene mit erhaltenem oder nur geringfügig verringertem Anteil des aus der linken Herzkammer beförderten Blutes. Sie betrifft vor allem ältere Menschen, sehr oft leiden Frauen daran. Im Hintergrund dieser Form der Erkrankung steht häufig eine Versteifung der linken Herzkammer, wodurch sie sich nicht ausreichend mit "neuem" Blut füllt, das weiter gepumpt werden wird.
Obwohl sich die Möglichkeiten zur Behandlung der Erkrankung in der jüngeren Vergangenheit verbessert haben, gibt es weiterhin Platz für Fortschritte, schrieben jetzt (24. Oktober) der US-Kardiologe Scott Solomon (Brigham and Women's Hospital der Harvard Medical School/Boston) und seine Co-Autoren im weltweit angesehensten Medizin-Fachjournal "New England Journal of Medicine" (DOI: 10.1056/NEJMoa2407107).
Etablierte medikamentöse Therapie
Für die medikamentöse Behandlung der chronischen Herzschwäche existiert mit den sogenannten ACE-Hemmern, Betablockern und Entwässerungsmitteln (Diuretika) faktisch seit Jahrzehnten eine etablierte medikamentöse Therapie. Hinzu kamen für Betroffene auch noch sogenannte Mineralkortikoid-Rezeptorantagonisten. Sie wirken als Gegenspieler zu dem in den Nebennieren gebildeten Hormon Aldosteron und entlasten über eine vermehrte Entwässerung ebenfalls das Herz. Sie haben auch einen antientzündlichen Effekt. Ein solcher Wirkstoff ist das seit langem bekannte Finerenon.
"Mineralkortikoid-Rezeptorantagonisten mildern die Schwere der Erkrankung und die Mortalität bei Herzschwächepatienten mit verringerter Auswurfleistung des Herzens, ihr Effekt bei nur wenig verringerter oder erhaltener Ejektionsfraktion wurde aber noch nicht belegt (...)", schrieben die Wissenschafter. Sie planten daher eine große internationale Studie unter Verwendung von Finerenon zusätzlich zur sonstigen Therapie und mit Placebo-Gruppen-Vergleich.
Die Probanden mussten an Herzschwäche mit erhaltener oder wenig reduzierter Ejektionsfraktion der linken Herzkammer leiden. Die Hälfte der Probanden bekam zusätzlich das getestete Medikament (maximal 20 oder 40 Milligramm Finerenon pro Tag), die andere Hälfte ein Placebo. Insgesamt nahmen 6.001 Patienten an der Untersuchung teil.
Um 16 Prozent weniger plötzliche Verschlechterungen
Die mittlere Beobachtungszeit der Patienten betrug 32 Monate. Gemessen wurde, wie häufig es in den beiden Probandengruppen zu ungeplanten Spitalsaufenthalten oder Notfallambulanzbesuchen wegen Herzschwäche und/oder zu Herz-Kreislauf-Todesfällen kam. Die Ergebnisse sprechen ziemlich eindeutig für eine Ausdehnung der Verwendung von Finerenon auch für Herzinsuffizienz-Patienten mit nicht beeinträchtigter Auswurfleistung des Herzens.
In der Gruppe, welche das echte Medikament zusätzlich erhielt, gab es um 16 Prozent weniger plötzliche Verschlechterungen des Gesundheitszustandes und Herz-Kreislauf-Todesfälle als in der Placebo-Gruppe. Das war statistisch signifikant. Auch bei den ungeplanten Hospitalisierungen und Notambulanz-Frequenzen zeigte sich eine Reduktion um statistisch signifikante 18 Prozent. Bei den Nebenwirkungen zeigten sich zwischen den Vergleichsgruppen keine wesentlichen Unterschiede. Die Verwendung von Finerenon bei Kranken mit chronischer Herzinsuffizienz könnte damit in Zukunft noch erweitert werden.
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