Beschäftigungsformen in Österreich: Ein Leitfaden für Studierende

In Österreich existieren verschiedene Beschäftigungsformen, die je nach Art der Arbeit und der vertraglichen Vereinbarungen unterschiedliche arbeits-, steuer- und sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen haben. Dieser Artikel erläutert, welche Formen der Beschäftigung es gibt und warum ArbeitgeberInnen dich in einer bestimmten Form anstellen möchten.

Arbeiter vs. Angestellter

In Österreich wird grundlegend zwischen Arbeitern und Angestellten unterschieden. Diese Unterscheidung ist wichtig, da sie erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen wie Kündigungsfristen, Entgeltfortzahlung bei Krankheit und die Dauer der vorzeitigen Vertragsauflösung hat.

  • Angestellte sind meistens in Büros oder in höher qualifizierten Bereichen tätig und fallen unter das Angestelltengesetz (AngG), das strenge Regelungen bezüglich Arbeitszeiten, Entlohnung und Kündigungsschutz vorsieht.

  • Arbeiter verrichten in der Regel manuelle Tätigkeiten und sind weniger streng durch das Angestelltengesetz geschützt. Ihre Arbeitsbedingungen sind oft durch die Gewerbeordnung oder das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch sowie durch branchenspezifische Kollektivverträge geregelt.

Unterschiedliche Beschäftigungsformen

Echtes Arbeitsverhältnis

Das echte Arbeitsverhältnis ist gekennzeichnet durch:

  • Persönliche Abhängigkeit vom Arbeitgeber
  • Weisungsgebundenheit
  • Entlohnung
  • Sozialversicherungspflicht

Freier Dienstvertrag

Im Gegensatz zum echten Arbeitsverhältnis besteht beim freien Dienstvertrag keine persönliche Abhängigkeit. Du bist frei in der Einteilung deiner Arbeitszeit und des Ortes, jedoch wirtschaftlich abhängig, da du für deine Leistungen entlohnt wirst.

Geringfügige Beschäftigung

Diese Beschäftigungsform ist besonders bei Studierenden beliebt, da das Entgelt unter der Geringfügigkeitsgrenze liegt und somit keine umfassende Sozialversicherungspflicht besteht. Aktuell (2024) liegt die Geringfügigkeitsgrenze bei 485,85 € pro Monat.

Werkvertrag

Beim Werkvertrag verpflichtest du dich zur Erstellung eines bestimmten Werkes oder Ergebnisses. Es besteht keine Weisungsgebundenheit bezüglich der Arbeitszeit oder des Arbeitsortes, und du trägst ein unternehmerisches Risiko.

Spezielle Formen für Studierende

  • Ferialjob: Befristete Vollzeitbeschäftigung während der Ferien, die alle arbeitsrechtlichen Regelungen umfasst.

  • Ferialpraktikum: Meist ein Pflichtpraktikum im Rahmen deiner Ausbildung, bei dem der Ausbildungscharakter im Vordergrund steht.

  • Volontariat: Bietet dir die Möglichkeit, in einem Betrieb praktische Erfahrungen zu sammeln, allerdings ohne reguläre Bezahlung.

Dienstleistungsscheck

Diese Form der Beschäftigung wird für einfache Tätigkeiten wie Babysitting oder Gartenarbeit genutzt. Der Dienstleistungsscheck garantiert dir eine Unfallversicherung, ohne dass eine reguläre Anmeldung erforderlich ist.

Wenn deine Tätigkeit eigentlich ein echtes Arbeitsverhältnis sein sollte....

In Österreich, wie auch in vielen anderen Ländern, versuchen einige Arbeitgeber, Beschäftigungsformen wie geringfügige Beschäftigung oder freie Dienstverträge zu nutzen, anstatt echte Arbeitsverhältnisse zu begründen. Diese Praktiken sind nicht nur aus rechtlicher Sicht bedenklich, sondern werfen auch ethische Fragen auf.

Wirtschaftliche Anreize und rechtliche Lücken

Arbeitgeber sind oft bestrebt, Kosten zu minimieren. Geringfügige Beschäftigungen und freie Dienstverträge sind für Arbeitgeber attraktiv, da sie weniger Sozialabgaben und geringere arbeitsrechtliche Verpflichtungen nach sich ziehen. Bei geringfügigen Beschäftigungen fallen beispielsweise keine Beiträge zur Kranken-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung an, was eine erhebliche Kostenersparnis bedeutet.

Freie Dienstverträge bieten ähnliche Vorteile, indem sie es Arbeitgebern ermöglichen, Arbeitskräfte flexibel und ohne die typischen arbeitsrechtlichen Verpflichtungen wie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaubsanspruch einzusetzen. Diese Verträge suggerieren eine Selbstständigkeit, die in vielen Fällen faktisch nicht gegeben ist, da die Dienstnehmer wirtschaftlich von einem Auftraggeber abhängig sind.

Risiken und Nachteile für Arbeitnehmer

Die betroffenen Arbeitnehmer stehen oft auf der Verliererseite. Ihnen werden grundlegende arbeitsrechtliche Schutzmechanismen vorenthalten, wie Kündigungsschutz, Mindestlohn und Sozialversicherungsleistungen. Dies führt zu einer Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse, die besonders junge und gering qualifizierte Arbeitskräfte trifft.

Des Weiteren sind Arbeitnehmer in solchen Konstellationen oft einem höheren Risiko ausgesetzt, ihre Rechte nicht einfordern zu können, aus Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren. Die Unsicherheit und das Fehlen von sozialer Sicherheit können langfristige negative Auswirkungen auf die Lebensqualität und die berufliche Entwicklung haben.

Rechtliche Rahmenbedingungen und Grauzonen

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen in Österreich sind grundsätzlich streng, und es gibt klare Definitionen, was echte selbstständige Tätigkeit ausmacht. Dennoch nutzen einige Arbeitgeber Grauzonen oder setzen auf die Unwissenheit der Beschäftigten, um weniger regulierte Arbeitsformen durchzusetzen. In manchen Fällen werden Arbeitsverhältnisse fälschlicherweise als freie Dienstverhältnisse deklariert, obwohl die Tätigkeit weisungsgebunden und in die betriebliche Organisation eingegliedert ist.

Handlungsempfehlungen

Wenn du vermutest, dass du in einem falschen Vertragsverhältnis angestellt bist – beispielsweise als freier Dienstnehmer anstatt als echter Angestellter – ist es wichtig, schnell und informiert zu handeln. Hier sind einige Schritte, die du unternehmen kannst:

  1. Vertragsbedingungen überprüfen Zuerst solltest du deine Vertragsbedingungen genau prüfen. Vergleiche die tatsächliche Arbeitspraxis mit den vertraglichen Vereinbarungen. Bei einem echten Arbeitsverhältnis gibt es typische Merkmale wie Weisungsgebundenheit, feste Arbeitszeiten und eine feste Entlohnung.

  2. Rechtsberatung einholen Es ist ratsam, einen Anwalt für Arbeitsrecht zu konsultieren oder dich an eine Arbeiterkammer bzw. Gewerkschaft zu wenden. Diese können eine fachkundige Einschätzung geben und dir helfen, deine Rechte zu verstehen und durchzusetzen.

  3. Dialog mit dem Arbeitgeber suchen Sprich mit deinem Arbeitgeber über deine Bedenken. Erkläre sachlich, warum du glaubst, dass dein Vertragsverhältnis nicht der tatsächlichen Arbeitsweise entspricht. Manchmal kann dies aus Unwissenheit oder einem Missverständnis heraus geschehen sein, und ein direktes Gespräch kann zu einer schnellen Lösung führen.

  4. Dokumentation aller Vorgänge Halte alle Kommunikationen mit dem Arbeitgeber schriftlich fest. Dokumentiere deine Arbeitszeiten und Aufgaben, die tatsächlich ausgeführt werden, um bei Bedarf Beweise für deine Ansprüche zu haben.

  5. Offizielle Beschwerde einreichen Wenn Gespräche mit dem Arbeitgeber zu keiner Lösung führen und du dich benachteiligt fühlst, kannst du eine offizielle Beschwerde bei der zuständigen Behörde einreichen. In Österreich wäre das die Arbeiterkammer oder die Wirtschaftskammer, je nach Art deiner Beschäftigung.

  6. Gleichbehandlung und Fairness fordern Falls du feststellst, dass du im Vergleich zu anderen Angestellten ungerecht behandelt wirst, kann auch die Gleichbehandlungskommission eine Anlaufstelle sein. Sie setzt sich gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz ein.

  7. Über rechtliche Schritte informieren Falls alle vorherigen Schritte keinen Erfolg bringen, informiere dich über mögliche rechtliche Schritte. Ein Arbeitsgericht kann in solchen Fällen eine letzte Möglichkeit sein, deine Rechte durchzusetzen.

Indem du proaktiv handelst und dich gut informierst, kannst du deine Situation verbessern und sicherstellen, dass du fair und gemäß den gesetzlichen Vorschriften behandelt wirst.

Fazit

Die Wahl der Beschäftigungsform hängt stark von deinen persönlichen Bedürfnissen und deiner Lebenssituation als Studierender ab. Jede Form bietet spezifische Vor- und Nachteile, die es zu berücksichtigen gilt. Dieser Artikel soll dir helfen, die Unterschiede zu verstehen und eine informierte Entscheidung zu treffen.


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